Liebes Leben ...

30. Juli 2008

... kann ich noch eine Serviette haben?

Heute war ich mit Martin essen. Martin ist Layouter und steht als solcher im Verdacht, einen gewissen Sinn für Ästhetik zu haben - was keine Erklärung dafür ist, weshalb er mit mir essen war, aber vielleicht dafür, dass er eine merkwürdige Angewohnheit hat: Nach dem essen pflegt er seinen Teller mit der auseinander gefalteten Serviette abzudecken. Zuerst dachte ich, er schäme sich vielleicht, weil er nicht aufgegessen hat, oder mag sich bloß die Reste auf dem Teller nicht ansehen. Nach dem Motto: Was ich nicht sehe, ist auch nicht da - und morgen scheint trotzdem die Sonne. Seine Erklärung ist etwas anders. "Wie ein Leichentuch", meint er, "man muss mit den Dingen abschließen." Ok, diese Erläuterung ist so seltsam wie die Angewohnheit. Aber wäre es nicht schön, wenn es immer so einfach wäre? Wenn man immer einfach eine schöne weiße Serviette über die unschönen Fragmente des Lebens decken könnte und schwupps, weg sind sie? Man würde nicht mehr auf die trostlosen oder manchmal auch unangenehmen Überreste starren, man würde nicht mehr versuchen, noch den letzten Hauch des nicht mehr ganz so wunderbaren Duftes einzusaugen, es wäre einfach nichts mehr da, was erinnern könnte. Eine verpatzte Präsentation? Hier ist die Serviette. Eine gescheiterte Beziehung? Hier ist die Serviette. Ein peinlicher Fauxpas? Hier ist die Serviette. Schluss ist Schluss. Und man müsste dafür nicht mehr als eine weiße Serviette in der Hosentasche haben. Schön wär's.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gute Idee. Im Wahrig-Wörterbuch wird Serviette ja auch als "Mundtuch" bezeichnet. Ein dummer Spruch? Hier ist die Serviette. Endloses Gelaber? Hier ist die Serviette. Oder die Serviette wird zum neuen Symbol bei SMS und Mail befördert. Mails von X nerven? Hier ist die Serviette. So könnte letztendlich irgendwann im Wahrig stehen: "Jemandem die Serviette zeigen = Schluss machen". Wär doch praktisch: "Mann, dem hab ich aber die Serviette gegeben."

mir hat gesagt…

Da könnte ich Gefallen dran finden - du arbeitest nicht zufällig beim Wahrig-Verlag und könntest da was arrangieren? Falls nicht: Duden wär' auch ok.