Liebes Leben ...

27. September 2009

... wie rosig sind lila Zeiten?

Bundestagswahl ist noch besser als Shopping - weil man in der Wahlkabine inzwischen mehr Auswahl hat als in der Umkleidekabine. Denn bekleidungstechnisch gibt es in diesem Herbst nur zwei Möglichkeiten: entweder lila oder nackt. Wobei "lila" nicht bloß als eine einzige Farbe, sondern als ganzes Farbspektrum zu betrachten ist, von violett über mauve, rosa, purpur, pink, flieder und magenta bis aubergine. Bei diesen Namen soll man wohl auch im Herbst an eine Frühlingswiese denken und ganz tolle Li-La-Laune bekommen. Bei meinem letzten Besuch in einem Kaufhaus fürchtete ich allerdings, an einer Farbschwäche zu leiden, weil ich einfach überall nur lila sah - und ich hatte definitiv keine rosa- bzw. lilarote Brille auf. Okay, diese "Beeren-Töne" sind nicht hässlich, aber wenn die Alternativen fehlen, sehen wir bald aus, als würden wir alle Schuluniformen tragen. Schon jetzt muss man doch jeden Tag damit rechnen, dass mindestens eine Kollegin dieselbe Farbstufe trägt wie man selbst. Wobei das für Bankräuber natürlich super ist: die sollten jetzt grundsätzlich lila tragen, schließlich gibt es momentan keine unauffälligere Täterbeschreibung als "er trug eine lilafarbene Jacke" (oder was auch immer). Schließlich gibt es ja wirklich alles in lila; Pullis, Hosen, Schuhe, Mützen, Schals, Hemden, Krawatten, Socken, bald leuchten wahrscheinlich auch die Ampelmännchen lila und aus der schwarz-gelben Koalition wird morgen schon die lila Koalition mit dem Tinky-Winky-Teletubby als Vorsitzendem. Weiß man's? Das Ding wäre mit den zwei Worten, die es gerade mal sprechen kann, immerhin schon hinreichend qualifiziert: "Noch mal!" ist doch genau das, was wir in spätestens vier Jahren wieder hören werden. Und die Farbe Lila scheint sich in der Mode genauso lange zu halten, denn die war ja bereits im vergangenen Jahr schwer angesagt. Vielleicht bleibt das jetzt sogar für immer so, immerhin gilt lila als "der letzte Versuch". Oder, jetzt hab' ich's, in Wahrheit steckt Milka hinter der Lila-Lust und das alles ist ein riesiger Werbecoup.

22. September 2009

... werde ich verfolgt?

Gestern früh machte ich mich forschen Schrittes auf den Weg zur U-Bahn. Dabei überholte ich einen großen rosafarbenen Ranzen mit einem kleinen Mädchen dran - fast jedenfalls. Denn das Mädchen versuchte eine Weile Schritt zu halten und im gleichen Takt zu laufen, aber es wollte nicht so recht gelingen. Ich ließ die Kleine hinter mir. Bis ich plötzlich, galong, galong, galong, den Ranzen von hinten angaloppieren hörte. Ja, ich konnte förmlich spüren, wie die hübsch eingeschlagenen Deutsch-, Mathe- und Sachkunde-Bücher in dem rosa Ungetüm auf und nieder polterten und das Mädchen dabei immer mehr Richtung Erdmittelpunkt zogen. Das Spiel begann erneut: sie passte ihre Schrittlänge der meinen an, fiel dann etwas zurück und nahm erneut Anlauf zur Aufholjagd. Ich fühlte mich schlecht. Es war klar, was die Leute von mir denken mussten: im besten Fall hielten sie mich für die tyrannische große Schwester, die mit der Kleineren nichts zu tun haben will, und im schlechtesten Fall für die lieblose Mutter, die dem Kind nicht nur ein Monster auf den Rücken schnallt, sondern auch noch ein Trimm-Dich-Spiel draus macht. Dann standen wir nebeneinander an der Ampel. Schweigend. Was hätte ich auch sagen sollen, das Mädchen hatte Stöpsel in den Ohren. Während ich noch darüber nachdachte, ob Grundschüler heute wohl auch noch TKKG oder doch schon Bushido hören, beschlich mich ein Verdacht, der ihr seltsames Verhalten erklärte. Über die Ohrstöpsel bekam sie die Anweisung, der verdächtig gehetzten Frau mit den klackernden Schuhen auf den Fersen zu bleiben. Und in ihrem rosa Riesen-Ranzen befand sich die versteckte Kamera ihrer geheimen Auftraggeber, wie mein Kollege später ganz richtig mutmaßte. Diese Mission erfüllte das Mädchen gewissenhaft, wie ich an dem lauter werdenden Schnaufen, das mich auf der Treppe zur U-Bahn begleitete, erkennen konnte. Auf einmal fühlte ich mich gar nicht mehr so schlecht. Immerhin bin ich hier das Opfer - und das Mädchen wird mir später mal dankbar sein. Weil es noch nie so pünktlich in der Schule war wie heute und obendrein den Pausen-Schokoriegel schon abtrainiert hatte, bevor es ihn überhaupt essen konnte. Es ist eben alles immer eine Frage der Sichtweise.

20. September 2009

... wer bekennt sich schuldig?

Im Rennen um die schönste Meldung der vergangenen Woche liegt folgende bei mir ganz weit vorn: "Die Polizei in Papua-Neuguinea fahndet nach dem Anführer eines Sex-Kultes. Der Guru habe den Dorfbewohnern weisgemacht, ihre Bananen-Ernte werde sich jedes Mal verzehnfachen, wenn sie Sex in der Öffentlichkeit hätten. Der Mann und seine Anhänger seien jedoch nackt in den Urwald geflüchtet, als die Polizei sie festnehmen wollte, berichtete die Zeitung ,Post Courier'." Bei uns in Deutschland wird ja noch der Anführer eines Sprach-Kultes gesucht, der den Menschen vorgaukelt, man könne auf Präpositionen verzichten ("Ich bin grad Hauptbahnhof und muss noch Lidl"). Außerdem auf der Fahndungsliste: der Anführer eines Technik-Kultes, der die Bürger glauben lässt, dass sich die Übertragungsqualität ihrer Handys verbessert, wenn man richtig laut hinein brüllt; der Anführer eines Verkehrs-Kultes, der Autofahrern suggeriert, man käme irgendwie schneller voran, wenn man möglichst oft und anhaltend hupt; der Anführer eines Gastro-Kultes, der Köchen in den Kopf setzt, Nudeln schmeckten besonders lecker, wenn man sie in Soße ertränkt; sowie der Anführer eines Beziehungs-Kultes, der den Leuten seit Jahrhunderten weismacht, Männer und Frauen würden doch ganz gut zusammen passen. Ja ja, wenn Deutschland einen Urwald hätte, wäre der so voll, dass man die Bäume vor lauter Flüchtlingen nicht mehr sehen könnte. Garantiert.

12. September 2009

... wie wird man ihn los, des Pudels Kern?

Auch der Hund von Welt muss sich mal erleichtern, sonst geht er am Ende vor die Hunde. So viel ist klar. Fraglich hingegen finde ich, ob man so ein Tier tatsächlich auch zum feinen Sitzpinkler erziehen kann - oder ob ich diesen Hinweis der katalanischen Behörden aufgrund fehlender sprachlicher Kompetenzen irgendwie missverstanden habe ...

5. September 2009

... wollen wir Freunde sein?

Habe vorhin "Hautnah" gesehen, mal wieder. Einer dieser Filme, bei denen man am Ende denkt: Wahnsinn - dass die Summe aus Mann und Frau grundsätzlich ein nicht lösbares aber dafür exponentiell wachsendes Problem ergibt, von der Prä- bis zur Post-Beziehung. Das fängt ja schon ganz früh an, zum Beispiel, wenn man gefragt wird, wer denn er oder sie eigentlich ist. Kaum kennt man sich, schon muss man definieren, zu welcher Menge er gehört: Handelt es sich um einen entfernten Bekannten? Einen guten Bekannten? Einen Freund, einen guten Freund, oder, Obacht, den Freund? Uff. Selten war die Wahl zwischen unbestimmtem und bestimmtem Artikel derart folgenschwer. Denn "der Freund" ist okay, während "ein Freund" unvermeidliche Kommentare hervorruft. "Aha, ein Freund, so so ..." oder "Klar können Männer und Frauen Freunde sein - ich kenne nur niemanden, bei dem das funktioniert hat." Es sei denn, die Verbindung besteht aus mindestens einem homoexuellen, dreidimensionalen Körper. Sonst kommt, so das gängige Vorurteil, doch immer irgendwas dazwischen - und aus Freundschaft wird entweder Liebe, eine Affäre oder der Marianengraben. Und oft ist auch das nur ein vorübergehendes Stadium in der Beziehungs-Metamorphose, sodass man sich hinterher schon wieder festlegen muss: Freunde bleiben bzw. wieder werden oder doch lieber richtig schön Tabula Rasa machen? Wer an dieser Stelle nur noch die große Mengenleere spürt, sei getröstet: Männer und Frauen können bestimmt befreundet sein - in seltenen Fällen sogar miteinander. Und die Suche nach der Freundschaftsformel ist doch ein immer wieder lohnenswertes Experiment. Gebt mir fünf Tage. q.e.d.

2. September 2009

... hast du mal kurz Zeit für eine Unfrage?

Endlich gibt's wieder Neues aus der Rubrik "Was wir schon immer wissen wollten, aber nie zu fragen wagten": Eine große Tageszeitung hatte letzte Woche ein "verblüffendes Ergebnis" zu vermelden: "Fast jeder vierte Hamburger ist ein Schnäuzbohrer." Schnäuz die Wand an, ist das etwa die neue Generation der Akkuschrauber? Die lässig-coole Art, wie Männer heutzutage ihren Bart tragen sollten? Eine hochgezüchtete Hunderasse? Aber nein, wie jeder weiß, bezeichnet das die aus nachvoll- und nicht hochziehbaren Gründen nicht weiter beschreibenswerte Art, seine Nase zu putzen. Als ob das noch nicht dramatisch genug wäre, ist weiterhin zu lesen: "Bundesweit gehören nur vier Prozent dieser Spezies an", denn "55 Prozent der Deutschen sind Zweihandschnäuzer". Sapperlot! Dass die Hamburger gemeinhin als kaltschnäuzig gelten, ist ja bekannt, aber nun auch noch als schnäuzverbohrt? Schön ist das nicht. Gleich muss ich noch weinen ... und dann läuft's wieder. Schnäuz. Da mache ich doch lieber noch ein paar Vorschläge für weitere spannende Um- bzw. Unfragen. Zum Beispiel: Wie viel Prozent der Deutschen pinkeln unter der Dusche und wie groß ist dabei der Anteil von linkshändigen Vegetariern? Wie viel Prozent der Deutschen hatten schon mal nach 22:30 Uhr Sex im Whirlpool eines öffentlichen Hallenbades und wie viele von denen waren im Sternzeichen Wassermann geboren - mit Aszendent Fisch? Oder: Wie viel Prozent der Deutschen schlafen abends vor dem Fernseher ein, nach wie viel Minunten wachen sie im Schnitt wieder auf, welchen Halswirbel verrenken sie sich dabei am häufigsten und vor allem: welches Programm lief? Nun mal los, liebe Umfrage-Schnäuzelchens. Wenn da keine Seite-1-Meldungen draus werden, weiß ich auch nicht mehr weiter.