Liebes Leben ...

25. Oktober 2009

... wie viel Wahrheit steckt in Sprache?

Die Situation war typisch: Er sagt: "Na, um was spielen wir, was ist der Einsatz?" Sie sagt: "Ach, wir müssen doch keinen Wettkampf draus machen, oder?" Und er sagt nur: "Feigling." Aus diesem Wortwechsel habe ich zwei Dinge gelernt. 1.: Wenn du willst, dass ein Mann richtig aktiv wird, mach einen Wettbewerb mit Aussicht auf Gewinn draus. Beispiel: "Der Max war neulich mit der Heike drei Stunden bei IKEA, Möbel gucken. Also, wenn du das auch solange aushieltest, würde ich dir dafür eine Portion Köttbullar ausgeben." 2.: Wenn du dich mit Frauen unterhältst, achte auf das richtige Vokabular. Feigling zum Beispiel ist immer männlich, es gibt weder die Feigling, noch Feiglingin. Ist mir zum ersten Mal bewusst geworden. Ja, ich weiß, man könnte das kleinlich nennen, aber Vorsicht: Es heißt DER Korinthenkacker und von einer Kackerin habe ich noch nie etwas gehört. Das Wort scheint also Männern vorbehalten zu sein. Ich bin keiner. Darum kann ich zum Beispiel auch kein Suppenkasper und kein Zappelphilipp sein. Höchstens eine Philippinin, aber dafür müsste ich meine Staatsbürgerschaft ändern. Was Frauen außerdem (rein sprachlich betrachtet) gewiss nicht sein können: Dummköpfinnen. Trottelinnen. Deppinnen. Hanswurstinnen. Blödmännerinnen. Und so weiter. Ich bin mir sicher: Es hat einen triftigen Grund, dass es von manchen Begriffen einfach keine weibliche Form gibt. Sprache ist eben auf unserer Seite. Ist ja auch DIE Sprache.

18. Oktober 2009

... kann man da nichts machen?

Ach herrje. Nun war ich dieses Wochenende wieder nicht Bungeejumpen. Ich habe auch keinen Kurztrip nach Paris gemacht, ja nicht mal einen Kurs im Molekularkochen belegt. Stattdessen habe ich nichts gemacht. Was so natürlich nicht stimmt; ich habe Wäsche gewaschen (dunkle Farben), eingekauft (Zahnpasta und Handschuhe), eine Stunde Smalltalk mit einer Verabredung gehalten (gefühlt wie drei Stunden), ich habe gekocht (Rouladen), gelesen ("An einem Tag wie diesem") und ferngesehen (nur Arte, is' ja klar). Das alles ist natürlich nicht nichts. Es ist nur nichts, was irgendwie interessant wäre, sondern die Spannung eines abgeschalteten Reaktors hat. Das ist super, wenn man sowieso schon die ganze Woche unter Strom steht - aber du liebe Zeit, was soll ich morgen bloß wieder erzählen, wenn die Leute mich fragen, was ich am Wochenende gemacht habe? "Nichts"? Erbärmliches Leben! "Entspannt"? Gääähn! Wer kein Macher ist, trägt doch gleich den Stempel Nichtsnutz auf der Stirn - nichts zu machen. Anstrengend, dieser Freizeitstress. Wenn es nach mir ginge, würde man das Nichtstun viel mehr kultivieren. Nichts für ungut, aber wenn einer anruft und fragt "Was machst du gerade?", und man antwortet "Nichts", dann sollte das Neid erzeugen, nicht Mitleid. Etwa so: "Wow, sie macht nichts, das muss man sich ja auch erst mal leisten können." Das Nichtstun braucht einfach einen anderen Beiklang. "Ich mache nichts" muss so klingen wie "das macht nichts" - das hören wir doch auch alle gern. Ist doch nichts dabei!

11. Oktober 2009

... droht der Entschuldigung das Aus?

Viele Dinge klingen ja auf Englisch vermeintlich besser als auf Deutsch. "Ich bin, was ich bin", "Lieb mich zart" oder "Gelbes Unterseeboot" wären vermutlich keine Hits geworden. Wobei "Knallrotes Gummiboot" ja auch funktioniert hat - aber egal, was ich sagen will, ist: Warum wird das Wort "Entschuldigung" immer mehr vom flapsigen "Sorry" abgelöst? Klingt das wirklich besser? Man kann doch nicht ernsthaft hören wollen: "Sorry, wir haben die Landebahn verfehlt." Oder "Wir konnten für Ihren Hund leider nichts mehr tun, sorry." Von wegen "so hard to say I'm sorry" - da scheint heute niemand mehr ein Problem mit zu haben. Im Gegenteil, wir sind alle "so sorry", dass man manchmal schon geneigt ist, zu sagen "sorry dich doch selbst". Aber vielleicht sollte man sich freuen, wenn überhaupt noch ein Wort der Entschuldigung fällt, das scheint ja ziemlich aus der Mode gekommen zu sein. Wenn öffentliche Verkehrsbetriebe mal eben ein halbes Jahr eine Teilstrecke sperren, heißt es in der U-Bahn-Durchsage ja auch nur "Wir bitten um Ihr Veständnis". Oder "Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit". Und vor allem dafür, dass alle Kunden weiterhin brav den vollen Ticketpreis bezahlen. Entschuldigung - Fehlanzeige. Also gehe ich mal mit gutem Beispiel voran: Ich entschuldige mich dafür, dass ich allen Bahn-Mitfahrern, die sich schon lange vor Erreichen der nächsten Haltestelle durch die Menge drängeln, um als erster an der Tür zu stehen, aus vollem Herzen eine Vollbremsung wünsche. Tut man nicht, tut mir leid. Ich entschuldige mich dafür, dass ich die Straßenumfrager immer anlüge, wenn ich sage, ich hätte keine Zeit, obwohl ich in Wirklichkeit einfach nur keine Lust habe. Tut man auch nicht, tut mir auch leid. Und ich entschuldige mich dafür, dass auf meinem Briefkasten nur in einer Sprache "Bitte keine Werbung" steht - ist ja kein Wunder, dass der Asia-Service, der Döner-Lieferant und der Croque-Bringdienst mir regelmäßig ihre Prospekte einwerfen. Die machen das schließlich bestimmt nicht mit Absicht, sondern in dem guten Glauben, ich hätte Interesse an ihren Produkten. Die Armen. Sorry Jungs, echt!

4. Oktober 2009

... neue Herausforderung gesucht?

Neues aus Unkenhausen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit bewerbe ich mich um das Praktikum als Türöffner. In meiner bisherigen Berufslaufbahn habe ich schon sehr viele Türen aufgemacht, sowohl mit als auch ohne Schlüssel. Dabei habe ich auch schon verschiedene Schlüsselloch-Operationen vorgenommen, die mir nicht nur das berufliche Vorankommen gesichert haben. Ich kenne mich aus mit Schiebetüren, Schwingtüren, Flügeltüren und Konfitüren. Als weitere Qualifikation bringe ich Erfahrung als Flaschenöffner und Dosenöffner mit. Auch meine Hobbys unterstützen dieses Praktikum: Bei mir geben sich die Männer die Klinke in die Hand - darum fallen mir auch körperliche Tätigkeiten nicht schwer. Des Weiteren ist übrigens auch Durchzug kein Problem für mich, den habe ich zwischen meinen Ohren sowieso ständig.
Ich würde mich freuen, nach einem Bewerbungsgespräch einen Fuß in Ihrer Tür zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
von mir