Liebes Leben ...

27. Februar 2010

... hilfe, was passiert mit uns?

Irgendetwas ist komisch da draußen. Die Welt scheint sich auf eine sehr merkwürdige Art und Weise über Nacht verändert zu haben. Ja klar, der Schnee ist weg, und da, wo früher noch Gehwegplatten lagen, sind plötzlich Schotterwege - bedeckt übrigens mit bunten Raketenstümpfen, als wäre gestern erst Silvester gewesen. Aber das ist noch nicht alles, da geht noch irgendetwas anderes vor sich, ganz bestimmt. Ich habe es schon bemerkt, als mir kürzlich eine Kollegin eine Kleinanzeige vorlas, in der ein Mann eine schlanke, attraktive Frau suchte, "am liebsten mit Bart". Ich möchte gar nicht wissen, ob das nun wörtlich gemeint oder in irgendeiner Form codiert war, auf jeden Fall erschien es uns reichlich sonderbar. So wie die E-Mail eines völlig Fremden, der mich heute in einem der Netzwerke unbekannterweise und ohne jede Anrede anschrieb, um zu fragen, ob ich mit ihm shoppen ginge. Shoppen? Braucht der jemanden, der ihm die Tüten trägt, oder hat er schlicht verschämt die Anfangsbuchstaben vertauscht? Aber apropos shoppen: Da benehmen sich die Menschen auch ziemlich seltsam. Vorhin war ich zum Beispiel in einem frisch eröffneten Elektronikmarkt und musste direkt am Eingang an einem Butler mit fingerdicken Brillengläsern und einem Zimmermädchen vorbei, das mit einem Handstaubsauger die Kunden aufscheuchte. Einen Gang weiter hörte ich plötzlich, wie eine ältere, kleine Dame lautstark zu einem ihr ganz offensichtlich unbekannten Käufer sagte: "Junger Mann, haben Sie eigentlich einen Drucker? Und was für einen?" Ich kann es nicht erklären, aber auf einmal hatte ich den ganz starken Verdacht, dass in diesem Laden alle nur Statisten waren und ich die einzige Kundin. So Truman-mäßig. Gruselig. Bin da gleich wieder raus. Aber dann kam mir in der Einkaufspassage obendrein noch ein kräftig gebauter Mann entgegen, mit langem grauen Bart, sodass er ungefähr bis zum Bauchnabel gut Santa Clause hätte sein können - wenn er nicht einen engen Jeans-Mini-Rock und Pumps getragen hätte (und das auch noch mit unrasierten Beinen!). Ehrlich! Dass nicht nur Pastorinnen sturzbetrunken Auto fahren, sondern auch noch der Weihnachtsmann in seiner Freizeit Frauenkleider trägt, hat mein Weltbild schon ein bisschen erschüttert. Ich glaube, alle drehen durch. Dieser ganze Schnee in den letzten Wochen, der war vermutlich einfach zuviel. 

21. Februar 2010

... von man zu Mann?

In den vergangenen Jahren wurde ja häufig diskutiert, ob es eine neue weibliche Übermacht in der Gesellschaft gibt, von der die Männer zunehmend unterdrückt werden. Ihr wisst schon, die Sache mit den armen Jungs, die in Kindergarten und Schule schlechte Leistungen bringen, weil ihnen durch einen Überschuss an Erzieherinnen starke, männliche Vorbilder fehlen. Ich habe allerdings mittlerweile das Gefühl, dass da zurzeit ganz unbewusst ein großer Ausgleich stattfindet - zumindest auf sprachlicher Ebene. Das wäre jedenfalls eine Erklärung für die inflationäre Benutzung des Wortes "man", als wäre es das Salz der deutschen Sprache (und die Deutschen essen gerne salzig, wie jeder weiß, der schon mal Pommes bei McDonald's genossen hat). Gerade im Fernsehen laufen Frage-Antwort-Sequenzen immer öfter so ab: "Und, bist du jetzt nervös?" "Ja, na ja, man ist schon ein bisschen aufgeregt." Oder: "Herzlichen Glückwunsch, wie fühlen Sie sich?" "Man kann das noch gar nicht richtig realisieren." Man, man, man, wohin man hört - das ist geradezu eine (un)heimliche Unterwanderung. Da würde ein man über Bord manchmal gar nicht schaden, dann wäre nämlich wieder Platz fürs Ich. Seit wann sprechen wir über uns überhaupt in der dritten Person? Ziemlich veraltete Angewohnheit - und eigentlich Königen und Respektspersonen vorbehalten. Aber heute ist ja jeder König. Kann auch sein, dass es, im Gegenteil, inzwischen als neue German Bescheidenheit gilt, auf die Ich-Form zu verzichten und stattdessen auf das unbestimmte "man" auszuweichen. Ist ja auch schön bequem, alles allgemein zu halten und möglichst nicht konkret Stellung zu beziehen. Ich glaube aber natürlich trotzdem noch an meine Theorie, dass wir uns gerade in der totalen Vermannung befinden, weil sie einfach so rar geworden sind, die echten Kerle. Und von man zu Mann ist es ja auch nur noch ein klitzekleiner Schritt, für den es nicht einmal zwingend ein zweites "n" braucht: Denn da hier jedes Wort Gefahr läuft, früher oder später gedenglischt zu werden, spricht man vielleicht schon bald breit und amerikanisch "määän" - kann man(n) bzw. määän ja nie wissen! Ich nenne das Modern Morphing. Yes, we man!

13. Februar 2010

... Gefahr im Verzug?

Warum so viele Beziehungen am Valentinstag scheitern.
Sie denkt: Hm, morgen ist der 14. Februar. Sonntag. Da haben die Geschäfte ja nicht auf. Also muss er mir schon ein Geschenk besorgt haben. Komisch, er hat gar keine Andeutung gemacht. Oder habe ich die überhört? Warte mal, hat er nicht neulich gerade gesagt, dass er den Schnee satt und total Sehnsucht nach Sonne hat? Vielleicht hat er für uns eine Reise gebucht, kann doch sein, es wird sowieso Zeit, dass wir mal wieder gemeinsam wegfahren! Wie war das eigentlich im letzten Jahr, was habe ich da nochmal von ihm bekommen? Hab' ich überhaupt ... doch, bestimmt, ist nur schon so lange her, darum fällt es mir gerade nicht mehr ein. Eigentlich ist er sowieso total kitschig, dieser Valentinstag, aber irgendwie auch eine gute Gelegenheit für eine Kleinigkeit außer der Reihe. Vergessen haben kann er den Tag ja nicht, die Geschäfte machen schließlich seit Tagen Werbung. Die Juweliere zum Beispiel, und da ist doch so ein Laden, gleich bei seinem Büro um die Ecke - vielleicht hat er mir auch da heimlich etwas Schönes gekauft. Blumen können es ja schon mal nicht sein, die hätte er bereits besorgt haben müssen und in unserer Wohnung sehe ich keine. Kommen die Lieferservices eigentlich auch sonntags? Aber das wäre auch blöd, weil wir ja gar nicht da sind, sondern bestimmt einen romantischen Spaziergang machen. Nee, also Blumen können es nicht sein, bleiben der Schmuck oder die Reise. Wobei ich natürlich eigentlich mit gar nichts rechne, er muss mir ja auch gar nichts schenken, viele Paare schenken sich nichts, denn Liebe ist nicht käuflich und diese Schenkerei sowieso überbewertet, also ich brauche ja überhaupt nichts. Das habe ich ihm auch gesagt, er soll mir ja nichts schenken, nur, weil ich ich es so will - er soll mir etwas schenken, weil er es will, weiß doch jeder, dass Frauen sich über sowas freuen. Und er guckt doch irgendwie auch den ganzen Tag schon wie ein Geheimniskrämer, wie einer, der etwas zu verbergen hat. Da ist etwas im Busch, ganz bestimmt. Eine Frau spürt das.
Er denkt: Welchen Tag haben wir morgen? Sonntag? Na toll, da ist das Wochenende ja auch schon wieder vorbei. Wenigstens steht sie nicht auf diesen Valentins-Quatsch, sonst hätte ich mir heute auch noch die Füße platt laufen müssen und das ganze Wochenende wäre im Eimer gewesen ... 

6. Februar 2010

... muss es denn immer auf'n Kaffee sein?

Ich habe mir da mal was überlegt. Also: Dieses Dating-Ding wird für viele ja besonders kompliziert, wenn es um die Wahl des Treffpunkts für die erste Verabredung geht. Meistens läuft es wohl "auf'n Kaffee" oder, bei den Mutigen, "auf'n Cocktail" hinaus. Ich finde das nicht klug. Erstens, weil weder Kaffee noch Cocktail geeignete Getränke fürs "Mal eben schnell runterstürzen" sind, wenn man schon nach zwanzig Sekunden festgestellt hat, dass man sich eindeutig nicht so heiß wie den Kaffee findet, sondern eher hochbekloppt. Und zweitens, weil man beim "Was trinken gehen" höchstens herausfinden kann, ob der andere schlürft und ob er Links- oder Rechts-Umrührer ist. Da gibt es doch Orte, an denen man über Fremde deutlich mehr lernen kann, und zwar sogar ohne dass sie dafür reden müssten. Mein Vorschlag wäre daher das Drogerie-Dating. Wer dort einkauft, muss sich doch fast zwangsläufig selbst entlarven. Wenn Männer Yogi-Tee aufs Band legen, oder eine Haartönung mit Grau-Abdeckung, oder extra-weiches Klopapier "sensitiv", oder Raumspray "Frühlingserwachen", dann hat man doch schon beim ersten Date viel mehr erfahren, als man bei einem Kaffee je hören würde! Bei Frauen würde es sicher noch interessanter werden, da liegen dann die falschen Wimpern neben der Gesichtsmaske auf dem Laufband, oder der Abdeckstift neben dem Fuß-Deo, oder die pH-neutrale Intimlotion neben den Kaltwachsstreifen. Mal ehrlich, da bleiben doch keine Fragen offen. Und wenn man dann gemeinsam am Kondomregal vorbeischlendert, kann man ganz nebenbei auch schon mal klären, wie der Abend weiter verlaufen soll. Einen Werbeslogan für die Drogerien hätte ich auch schon: "Bei Ihnen hat es nicht geprickelt? Kein Problem: Wir verkaufen auch Brausepulver, Sprudelbäder und Sodawasser."