Liebes Leben ...

24. November 2008

... das ist weinzigartig, oder?

Um das mal festzuhalten: Wein ist ja nicht bloß irgendein alkoholisches Getränk, neihein! Wein stellt besondere Ansprüche an seinen Verkoster, und obwohl ich gerne mal ein Gläschen trinke, sehe ich mich nicht in der Lage, diese zu erfüllen. Mir fehlt zum Beispiel das korrekte Vokabular. Mit "Rioja", "Chardonnay" und "Merlot" kann ich ja etwas anfangen, aber darüber hinaus bin ich immer sehr dankbar, wenn Weinkarten mir geschmackliche Hinweise geben, also etwa: "trocken, mit einer Vanillenote und fruchtigem Beeren-Bouquet". Oder so ähnlich. Manchmal sind die Beschreibungen allerdings für Laien weniger eindeutig, dafür mehr komisch. Gestern fand ich zum Beispiel erstmals die Umschreibung "körperreich". Ich musste an Hella von Sinnen denken, die in meiner Phantasie sagte: "Nun, da ich sehr körperreich bin, verhülle ich mich gern in praktischen Overalls." Ich habe das Wort sofort in meine ewige Euphemismus-Liste für "dick" aufgenommen. In Wirklichkeit bedeutet ein körperreicher Wein, ich habe es extra nachgeschaut, "mit vielen Extraktstoffen und Alkohol". Man könnte wohl auch sagen "gehaltvoll", wenn man ein durchschnittlicher Mensch wäre. Aber dann würde es ja jeder verstehen. Ebenso irritiert bin ich, wenn auf dem Etikett zum Beispiel steht: "ausdrucksstark", "ehrlich" oder "elegant". Hat der Wein Persönlichkeit? Könnte er mich anlügen? Schlampig aus dem Flaschenhals kleckern? Ich halte das ja für reine Marketingworte, die man lesen lernen muss wie ein Arbeitszeugnis, damit man den Leuten keinen reinen Wein einschenken muss. "Dieser Wein war stets bemüht, einen guten Abgang zu machen." Klingt immerhin besser als "fader Nachgeschmack". Wein kann übrigens auch "kurz" sein, was übersetzt heißt: "Ist nach dem Trinken gleich weg" - wie unhöflich. Genausogut kann er nervig oder rassig sein, strahlig oder tot schmecken, aber das will ich gar nicht alles erklären, ist doch nur alter Wein in neuen Schläuchen. Wenn man so tun will, als sei man Weinkenner, gehe man schlicht folgendermaßen vor: Das Glas schwenken. Am Inhalt riechen. Laut schlürfend einen Schluck trinken. Kennermiene aufsetzen. Drei auswendig gelernte Wein-Vokabeln in die Runde schmeißen ("Mmmhhhh, samtig elegant, aber im Abgang etwas ledrig") und dann am besten noch hinterschieben: "Der muss noch etwas atmen, dann wird er noch besser". Wenn einem mal gar nichts einfällt, bleibt einem immer noch die beliebte Behauptung: Der korkt!

4 Kommentare:

Chefkoch@TorZurWelt hat gesagt…

Wenns dich wirklich interessiert, ich hab da sowas wie ne Weinfibel, die ich dir leihen könnte. Ich habe allerdings nach den ersten zwei Kapiteln aufgehört zu lesen, weil mir diese Umschreiberei dann doch höchst albern vorkam.

Anonym hat gesagt…

Das ist vielleicht weinzigartig, aber weinmal ist bekanntlich keinmal. Also ließe sich das Prinzip auch prima im hartumkämpften Biermarkt umsetzen. Man stelle sich vor: "Ein elegantes Bier mit Charakter. Hopfig-erdig mit zarter Kartoffelnote. Angenehm kotzig im Abgang. Passt ideal zu Currywurst oder einfach nur zu festlichen Besäufnissen."

mir hat gesagt…

... und bei Bier gröhlt man nicht "Der korkt!", sondern "Das schäumt!"
Und rülpst dazu, ehrlich und rassig.

Vielen Dank für das Angebot der Weinfibel, aber ich fürchte, ich fühle mich nicht zur Sommelière berufen, weil ich das mindestens so albern finde wie Du :-)

Chefkoch@TorZurWelt hat gesagt…

Das PERLT!!!!!