Liebes Leben ...

6. Juli 2009

... wohl bekommt's?

Ich habe es oft belächelt, das Schild, das für "Schumachers Biergarten" am Stadtpark wirbt. "Wohl Hamburgs schönster Sonnenuntergang" steht drauf. Erstens behaupte ich, dass der Sonnenuntergang an sich überall gleich aussieht, nur die Perspektive ist immer eine andere - mal verschwindet die Sonne hinter'm Wald, mal plumpst sie ins Meer. Und zweitens ist "wohl" ja wohl ein echtes Mädchenwort. Mädchen gewöhnen sich das schon beim Puppenspielen an. Die sagen: "Ich bin jetzt wohl Barbie und du bist jetzt wohl der Ken und jetzt gehen die beiden wohl zum Reiten" - und die landeten dann wirklich ganz unschuldig im Reitstall und nicht im Schlafzimmer. Doch während sich die Sache mit der Unschuld über die Jahre verändert hat, blieb das "wohl" im weiblichen Sprachschatz kleben. Sozusagen als letztes Hintertürchen vor der Absolutheit. "Das ist wohl so" heißt eben nicht "Das ist so" - und, schwupps, ist Platz für die beliebteste aller Frauen-Ausreden: Das habe ich nie gesagt! Jawohl. Inzwischen muss ich aber sagen, dass mir "wohl Hamburgs schönster Sonnenuntergang" ganz sympathisch ist, zwischen all den Superlativen, die Tag für Tag auf einen hernieder prasseln. Das Beste aus der Milch, die witzigsten Werbespots, die schrecklichsten Autofahrer, die nervigsten Promis und die beliebtesten One-Hit-Wonder. Wer bestimmt das eigentlich, was am witzigsten, besten und nervigsten ist? Etwa unser Mojib-Super-Latif? Der darf doch auch nur die schlimmsten Stürme und das heißeste Wetter prognostizieren, danach ist seine Kompetenz überschritten. Wer auch immer hier anzuprangern ist, ich finde: Deutschlands Wohl-Stand ist wirklich nicht das Gelbste vom Ei.

3 Kommentare:

Bea hat gesagt…

Das hat wohl wahr.

Anonym hat gesagt…

Vielleicht mögen die Menschen das "wohl" so sehr, weil je mehr Wohl sie haben, umso wohlhabender sind sie wohl (sorry für den Satzbau, aber mit etwas Wohlwollen geht der wohl noch durch). Übrigens wäre noch zu klären, ob dieses "wohl" auch aus rechtlichen Gründen in der Werbung eingesetzt wird, um den Absolutheitsanspruch zu relativieren. Bei Sonnenuntergängen klingt das ja auch ganz gut und kein anderer Sonnenuntergang kann sich beschweren. Bei Bier heißt es dann: "Tuborg - vielleicht das beste Bier der Welt". Obwohl das wohl vom Wohlgeschmack abhängt. Vielleicht.

mir hat gesagt…

Da fände ich auch schön: "Volkswagen - wohl das Auto." Oder: "Milka - die wohl zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt". Wenn sich das durchsetzen ließe, würde sich der Werberat wohl auch in Wohlgefallen auflösen. Darauf einen Schluck vom eventuellen König der Biere. Zum Wohl!