Liebes Leben ...

30. Mai 2010

... wie spät ist es?

Angeblich ist es ja nie zu spät. Für gar nix. Alles kann man jederzeit machen, haben, schaffen: Man kann zum Beispiel mit 75 noch Fallschirm springen. Man kann verpasste Fernsehsendungen Tage später im Internet angucken. Und man kann sogar nach 28 Jahren des schmerzhaften Übens noch mal den Song Contest gewinnen. Ja, wirklich! Das Problem ist nur: Meistens sind es andere, die all das können. Einen selbst beschleicht doch im alltäglichen Leben immer mal wieder das Gefühl, ein extrem miserables Timing zu haben - selbst, wenn man normalerweise die Pünktlichkeit in den Genen hat. Da hilft es auch nur wenig, dass spät ziemlich "in" zu sein scheint. Wir wollen spät einkaufen gehen, spät erwachsen werden, spät aufstehen. Aber, liebe Nie-zu-spät-Sager: Habt ihr schon mal versucht, nachträglich die zimmerwarme Butter in einen Kuchenteig zu geben, der schon seit 10 Minuten im Ofen steht? Habt ihr schon mal bei laufendem Wasser unter der Dusche gestanden und erst dann gemerkt, dass die einzige Shampoo-Flasche mit Inhalt noch bei den frischen Einkäufen in der Küche steht? Habt ihr (apropos Einkäufe) schon mal alle Waren aufs Kassenband gelegt und dann mit einem Blick auf die blau-weißen Tetrapacks des Vordermanns bemerkt, dass ihr dummerweise die Milch vergessen habt? Ich schon. Darum hört auf eine, die es wissen muss: Zu spät gibt es sehr wohl!

24. Mai 2010

... woran merkt man, dass man alt ist?

Habt ihr in den letzten Tagen auch mal das interaktive Google-Doodle ausprobiert? Ich fand's ja lustig. "Hey, cool, bei Google kann man heute Pacman spielen", ließ ich im Büro verlauten, worauf die 17-jährige Praktikantin arglos fragte: "Was ist denn Pacman?" Rumms. In dem Moment hatte ich nicht vom Baum der Erkenntnis genascht, nee, der Baum ist mit voller Wucht auf mich draufgekracht. So ist das also: Junge Menschen kennen Pacman nicht mehr. Ich kenne Pacman. Logische Schlussfolgerung: Ich bin nicht mehr jung. Na gut. Dann eben nicht, gibt größere Katastrophen (fragt mal Michael Ballack). Und es ist ja auch nichts wirklich Neues, eigentlich fühlt man sich ja sowieso öfter mal alt, insbesondere körperlich: Rücken-Aua, Gelenke-Knacks, Kurzatmigkeit nach Treppensprint, ihr wisst schon. Trotzdem habe ich jetzt ein kleines bisschen Angst davor, meine Sätze bald nur noch mit "Weißt du noch" anzufangen. Weißt du noch, dass es Fotos früher mal aus Negativen entwickelt wurden, die einen Papierstreifen für die Nachbestellungen hatten? Weißt du noch, dass man früher Geld umtauschen musste, wenn man in Spanien oder Italien Urlaub gemacht hat? Weißt du noch, dass es der Gilb war, der für den Schmutz in den Gardinen verantwortlich war? Weißt du noch, dass wir im Winter zuhause sein mussten, wenn die Straßenlaternen angingen, weil unsere Eltern uns nicht mal eben auf dem Handy anrufen konnten, um zu fragen, wo wir sind? Und weißt du noch, wie wir Referate ohne Internet geschrieben haben? Immerhin: Ich weiß es noch. Sooo alt bin ich nämlich doch noch nicht. Die Welt-Zeit vergeht nur eben ein bisschen schneller als die Ich-Zeit.

16. Mai 2010

... was hilft gegen gruppale Infekte?

Ich frage mich, ob man schon das Robert-Koch-Institut benachrichtigt hat - denn das Gruppen-Fieber greift derartig um sich, dass man bald von einer nationalen Pandemie sprechen kann. Und die ist hochgradig gruppendynamisch, pardon, ansteckend: In sämtlichen Netzwerken organisiert sich die Menschheit in Gruppen, alle wollen überall Mitglied sein, treten möglichst vielen Gemeinschaften bei, gründen eigene Cliquen, laden andere ein. Deutschland, ein Gruppenübungsplatz. Wahrscheinlich ist die Frage "Willst du in meine Gruppe kommen" längst das "Willst du mit mir gehen" des neuen Jahrtausends. Ist nicht wirklich origineller, aber was soll's, die Gruppeninhalte sind es ja auch selten. Mittlerweile braucht man ja nur zu erzählen, dass man sich die Zehennägel spektralfarbig lackiert hat oder morgens gern Nutellabrot mit Gurke ist, schon wird irgendein herumstehender Gruppenkasper (neudeutsch für Student) ausrufen: "Ey, dafür gibt's 'ne Gruppe im StudiVZ!" Oder wo auch immer. Mir scheint, dass Gruppenarbeit heute deutlich beliebter ist, als sie es noch zu meiner Schulzeit war. Ist lange her. Damals trug man noch Buttons, um anderen seine Einstellung ohne viele Worte mitzuteilen - wenn sich die Leute heute für jede ihrer Gruppen einen Button an die Klamotten heften würden, könnten sie sich auch gleich eine bunte Aluminium-Rüstung anziehen. Tja. Man muss der Wahrheit ins Auge blicken: Wir sind Groupies. Und ich bin fast sicher, dass es auch dazu schon die passende Gruppe gibt.

7. Mai 2010

... sind Singles die schlaueren Menschen?

Kühne These, ich weiß. Kann man aber mal drüber nachdenken - zum Beispiel mit der kleinen Geschichte einer mir bekannten älteren Dame. Sie liebte Zarah Leander und all die anderen Sänger, deren Namen man heute kaum noch kennt, doch mit dem Tod ihres Mannes verschwand auch die Musik aus dem Leben der Dame. Der Grund ist banal: Die Stereoanlage war in ihrem Haushalt schon immer Männersache gewesen. Ihr Mann hatte den richtigen Sender eingestellt und ihr die Lieblings-CD eingelegt - sie selbst weiß vermutlich nicht einmal, wo sich die On-Taste befindet. Und wenn doch, hat sie Angst, sie zu drücken, weil ja etwas kaputt gehen könnte. So sind sie, die älteren Herrschaften. Kein Grund, sich darüber zu mokieren: zwar hat heute sicherlich niemand mehr (Berührungs-)Angst vor CD-Playern, aber dafür vielleicht vor dem Bankberater, der Bohrmaschine oder dem Bügeleisen. So mancher lässt lieber die Finger von solchen Dingen und freut sich, eine Beziehung zu haben. Schließlich ist es nur allzu bequem, die ungeliebten Aufgaben an die bessere Hälfte wegdelegieren zu können, dafür ist sie ja schließlich die "bessere", nicht wahr? Singles hingegen müssen alles selbst machen: Computerprobleme lösen, das Loch im Pulli stopfen, Möbel zusammenbauen, die Blumen pflegen, den günstigsten Internet-Tarif raussuchen, große Gurkengläser öffnen. Ist ja schließlich keiner da, auf den man die Arbeit abwälzen kann. Einerseits ist das natürlich ärgerlich - andererseits bilden sich Singles so selbst zu Universalspezialisten aus und man kann nie wissen, wann es einem vielleicht einmal von Nutzen sein wird, das Reifenluftdruckmessgerät an der Tankstelle bedienen zu können oder die besten Putz-Tricks selbst erprobt zu haben. Jedes neue High-Tech-Gadget kann der CD-Player von morgen sein. Daran muss man denken, wenn man das nächste Mal Hilfe suchend nach Schatzi ruft!

1. Mai 2010

... wo bitte gibt's ein Update?

Seit ich meinen Wortschatz aktualisiert und mir die neueste Version "Sprache für Fortgeschrittene" ins Hirn gebrannt habe, gehört auch der schöne Ausdruck "Downdating" zu meinem Repertoire. Den habe ich irgendwo gelesen, im Zusammenhang mit dem unheimlich klugen Ratschlag, sich beim Dating lieber nicht nach unten zu orientieren (wo auch immer "unten" sein mag). Logische Konsequenz: Wo es Downdates gibt, muss es auch Updates geben - ich habe nur noch keine Plattform gefunden, auf der man sich die herunterladen kann. Aber ich stelle mir das lustig vor: Wenn man erst einmal ein Update gefunden hat, trifft man sich auf einen kleinen Kaffee-Download und macht erst mal einen Sympathie-Scan. Ist dieser erfolgreich abgeschlossen, wird geprüft, ob alle Grundvoraussetzungen erfüllt und die Systeme kompatibel sind. Bevor die zwischenmenschliche Datenübertragung beginnt, sollte man sich allerdings vergewissern, dass der Informationstransfer nicht verschlüsselt stattfindet, da es sonst Fehler in der Übermittlung geben kann. In diesem Fall würde das Update fehlschlagen. Wenn jedoch alles passt, folgt der bekannte Rest: Der Stick kommt in die Schnitt(en)stelle und es installieren sich nacheinander Hochzeit.exe, Reihenhaus.jpg und Kinder.mp4. Achtung: Wer die Datei Exfreundin.bat findet, sollte sie unbedingt löschen - hierbei handelt es sich um einen unerwünschten Trojaner, der das System zum Absturz bringen kann. 

22. April 2010

18. April 2010

... kann man sich jetzt alles sparen?

Reden wir doch ausnahmsweise mal nicht über die große Veraschung und das, was da oben in der Luft passiert, sondern über die weltlichen Dinge hier unten. Ganz unten, am Boden, zu unseren Füßen. Da ist mir nämlich aufgefallen, dass Schuhe neuerdings ohne Schnürsenkel verkauft werden (und zwar nicht nur beim Discounter). Hier das Beweisfoto: 
Nachdem sich Unternehmen ihren Kundenservice sparen, Verkäuferinnen die Freundlichkeit und auch Kantinenessen am Geschmack spart, üben wir uns also weiter im Verzicht. Und wenn wir uns wundern, wird man uns nur sagen: "Wieso, Sie wollten doch Schuhe kaufen, oder? Von Schnürsenkeln haben Sie nichts gesagt!" Wahrscheinlich ist das der neue Zusatzverdienst der Schuhgeschäfte - die ziehen die Bänder einfach vor dem Verkauf aus den Schuhen, rollen sie fein säuberlich auf, hängen ein Preisschild dran und verkaufen die Senkel dann an der Kasse extra (einzeln natürlich, nicht paarweise). Damit man seinen Schuh ganz individuell gestalten kann, oder so, irgendein Verkaufsargument wird den Marketingspezis schon einfallen. Vielleicht behaupten sie auch einfach: Das trägt man jetzt so. Und das Prinzip wird Vorbild werden. Elektromärkte werden Fernseher ohne Tonkanal verkaufen ("Sie wollen doch fern sehen - von hören haben Sie nichts gesagt, das kostet extra!"), Autos wird es in der Basisversion nur noch ohne Bremsen geben ("Sie wollen doch Auto fahren, nicht stehen - Bremsen kosten extra!"), und so weiter. Falls es für die schnurlosen Sneakers noch keinen Namen gibt, habe ich übrigens einen Vorschlag: "Schläppchen". Reinschlüpfen und losschlappen zum Schnäppchenpreis. Wenigstens kann einem mit den Tretern niemand mehr auf den Senkel gehen.

11. April 2010

... hatte da jemand Hinterngedanken?

Mich würde ja mal interessieren, womit man hier die sonstigen Einkünfte so erzielt. Was man als Poband wohl so pobieren muss? Vielleicht Hinternschinken? Oder eine Portion frisches Fallobst aus Äpfeln, Birnen und Orangen? Oder, apropos, eine neue Cellulite-Creme namens "Po Forma" für die weibliche Poblemzone? Und wird man als Poband eigentlich auch erst mal nur pobeweise eingesetzt? Hm. Vielleicht haben die auch einfach nur neue Korrekturleser gesucht, und die Anzeige war ein erster Qualifikations-Test, der ans Licht bringen sollte, ob die potenziellen Bewerber nach dieser Posse noch ausreichend Aufmerksamkeit besitzen, um auch den zweiten fehlenden Buchstaben noch zu entdecken. Da kann man dann nur hoffen, dass das Unternehmen mit Zahlen sorgfältiger umgeht als mit Buchstaben, damit am Ende beim Honrar nicht auch noch wichtige Ziffern fehlen.

3. April 2010

... kann Denken besoffen machen?

"Fang mich doch", sagte mein erster Gedanke zum zweiten Gedanken und flitzte los durch meinen Kopf, der andere sofort hinterher. "Boah, nicht so schnell", dachte ich, "es ist immerhin mein Kopf und den brauche ich für Wichtigeres als eure Spielereien", aber da hatte der zweite den ersten schon eingeholt und amüsierte sich prächtig. Ich mich dann übrigens auch, denn ich hatte durch den ungewollten gedanklichen Zusammenprall ein Tier vor mir gesehen, dass noch nie zuvor jemand gesehen hatte, so etwas wie der innere Schweinehund, ein Hausdrachen und der Fehlerteufel zusammen, kurzum: ein richtiger Star war's, das Tier, das sich meistens richtig breit macht und furchtbar pelzig anfühlt. Ich habe euch ein Phantombild gezeichnet und verrate außerdem, was es mir leise zugeflüstert hat ...
 "Ich bin dein Kater!"

28. März 2010

... was denkt Amazon von mir?

Mit Maschinen ist das so eine Sache. Oft steckt ja irgendwie der Wurm drin. In diesem Fall muss es ein Bücherwurm gewesen sein (lat. wurmi librorus). Ich habe nämlich bei Amazon verschiedene Bücher aus meiner kleinen Privat-Bibliothek bewertet, um mal zu gucken, welche weiteren Werke mir denn so empfohlen werden. Ist ja schließlich nicht so leicht, sich in dem Literaturwust zurecht zu finden, wenn man sich in den gängigen Kategorien nicht recht wiederfindet: Weder bin ich ein Fan von Krimis, noch von Frauenbüchern oder historischen Romanen. Am ehesten, das habe ich mir kürzlich überlegt, greife ich zu Büchern, die seltsame Titel tragen. In diesem Ranking wären in meinem Fundus wohl "Ä" und "Mittelmäßiges Heimweh" ganz weit vorne. Im normalen Buchladen gibt es diese Kategorie ja leider nicht, aber Amazon scheint sie erkannt zu haben und schlägt mir nun unter anderem vor: "Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede", "Requiem für einen Hund" und "Das Malträtieren unvollkommener Automaten". Ja, diese klangvollen Titel passen fraglos ins vorhandene Repertoire (ohne dass ich irgendetwas über die Güte des Inhalts sagen könnte). Besonders interessant fand ich jedoch die Anregungen "Detektivgeschichten vom Franz" und "Der kleine Igel und die rote Schmusedecke". Das waren die wurmstichigen Stellen der Empfehlungsliste, die mich reichlich verwirrt haben: Was denkt Amazon von mir? Was weiß die Maschine, was ich nicht weiß? Warum könnte (sollte?) ich diese Kinderbücher mögen? Vielleicht sind es ja gar keine Kinderbücher - vielleicht steckt auch hier der Witz im Titel und die "Detektivgeschichten vom Franz" decken in Wirklichkeit die Stasi-Tätigkeiten einer bekannten SPD-Größe auf und "Der kleine Igel und die rote Schmusedecke" ist eine Biografie über SPD-Mann Kurt "Mecki" Beck, der politisch einen Kuschelkurs sucht. Ich werde die Empehlungsliste jedenfalls im Auge behalten - sollte das System tatsächlich unter bösartigem Wurmbefall leiden, werde ich das spätestens daran merken, dass plötzlich Titel wie "Der Herr der Ringe - Die zwei Würmer" oder "Fackeln im Wurm" auf der Liste stehen.