In den vergangenen Jahren wurde ja häufig diskutiert, ob es eine neue weibliche Übermacht in der Gesellschaft gibt, von der die Männer zunehmend unterdrückt werden. Ihr wisst schon, die Sache mit den armen Jungs, die in Kindergarten und Schule schlechte Leistungen bringen, weil ihnen durch einen Überschuss an Erzieherinnen starke, männliche Vorbilder fehlen. Ich habe allerdings mittlerweile das Gefühl, dass da zurzeit ganz unbewusst ein großer Ausgleich stattfindet - zumindest auf sprachlicher Ebene. Das wäre jedenfalls eine Erklärung für die inflationäre Benutzung des Wortes "man", als wäre es das Salz der deutschen Sprache (und die Deutschen essen gerne salzig, wie jeder weiß, der schon mal Pommes bei McDonald's genossen hat). Gerade im Fernsehen laufen Frage-Antwort-Sequenzen immer öfter so ab: "Und, bist du jetzt nervös?" "Ja, na ja, man ist schon ein bisschen aufgeregt." Oder: "Herzlichen Glückwunsch, wie fühlen Sie sich?" "Man kann das noch gar nicht richtig realisieren." Man, man, man, wohin man hört - das ist geradezu eine (un)heimliche Unterwanderung. Da würde ein man über Bord manchmal gar nicht schaden, dann wäre nämlich wieder Platz fürs Ich. Seit wann sprechen wir über uns überhaupt in der dritten Person? Ziemlich veraltete Angewohnheit - und eigentlich Königen und Respektspersonen vorbehalten. Aber heute ist ja jeder König. Kann auch sein, dass es, im Gegenteil, inzwischen als neue German Bescheidenheit gilt, auf die Ich-Form zu verzichten und stattdessen auf das unbestimmte "man" auszuweichen. Ist ja auch schön bequem, alles allgemein zu halten und möglichst nicht konkret Stellung zu beziehen. Ich glaube aber natürlich trotzdem noch an meine Theorie, dass wir uns gerade in der totalen Vermannung befinden, weil sie einfach so rar geworden sind, die echten Kerle. Und von man zu Mann ist es ja auch nur noch ein klitzekleiner Schritt, für den es nicht einmal zwingend ein zweites "n" braucht: Denn da hier jedes Wort Gefahr läuft, früher oder später gedenglischt zu werden, spricht man vielleicht schon bald breit und amerikanisch "määän" - kann man(n) bzw. määän ja nie wissen! Ich nenne das Modern Morphing. Yes, we man!