Liebes Leben ...
25. November 2010
... alles für den Arsch?
So etwas hätte man früher natürlich nicht schreiben dürfen. Schon gar nicht als Dame. Aber erstens sind gerade keine Damen anwesend und zweitens kann es heute eigentlich gar kein Schimpfwort mehr sein. Denn Ärsche werden immer schöner: Schon 5000 Deutsche pro Jahr lassen sich ihr Hinterteil vom Schönheitschirurgen modellieren. Das stand in der Zeitung. Die Ärzte können die Deutschen also mal am Arsch ... Die meisten lassen ihn vergrößeren - wahrscheinlich als Gegengewicht zu den bereits vergrößerten Brüsten. Und so ein hochwertiger Allerwertester will natürlich auch besonders gepflegt werden - ein Bedürfnis, auf das die Industrie bestens vorbereitet ist. Nachdem es ja schon Klopapier mit Rasen- und Spekulatiusduft gab, habe ich nun auf der Homepage eines Markenherstellers welches mit Winterduft erspäht. Wie der Winter riecht, sagt die Website zwar nicht, aber es fliegen Tannenzapfen, Äpfel, Zimtstangen, Orangenscheiben und Anissterne aus der Klorolle. Nun ja, wer's braucht. Mich reizt ein Orangen-Hintern ja nicht so, aber bitte. Das edelste Toilettenpapier der Welt gibt es angeblich jedoch in Dubai. Es soll 400 Euro pro seidenweichem Blatt kosten und wird aus der Wolle eines Nacktmulls gewonnen. Ein Tier übrigens, das seinen Namen zu Recht trägt, was natürlich den Preis des Papiers erklären würde. Verifizieren konnte ich das allerdings nicht - wenn das Internet gedruckt wäre, könnte man sich damit wohl auch manchmal den Hintern abwischen. Dafür müsste man es allerdings falten können. Denn, und das ist jetzt tatsächlich wieder Fakt, 90 Prozent der deutschen Konsumenten sind der Ansicht, auch Stuhl brauche Stil und legen das Klopapier vor Gebrauch ordentlich zusammen. Das haben die Marktforscher von Procter & Gamble herausgefunden (auch Marktforschung ist für den Arsch, ich wusste es schon immer). Nur sechs Prozent formen das Papier zu einem Ball - das sind dann die echten Knüller.
18. November 2010
... wer hat meine Wohnung gepixelt?
Natürlich habe ich heute morgen gleich nachgeguckt, ob wenigstens meine Fenster geputzt und die Balkonbepflanzung frisch und grün war, als Google an meiner Wohnung vorbeigefahren ist. Aber das werde ich wohl nie erfahren, denn irgendein Spielverderber hat mir bei Streetview so einen verschwommenen Riesen-Pixel vors Haus gestellt. Jetzt ist nur die Frage: Wer war das? Habe ich so spießige Nachbarn? Welche, die zwar nachts, wenn alles dunkel ist, ihre Wohnung in eine höllenlaute Kleinraumdisko verwandeln, aber tagsüber bitteschön von niemandem gesehen werden wollen? Nachbarn, die Angst haben, beim Rauchen auf dem Balkon erwischt zu werden, womöglich noch im Bikini? Nachbarn, die durch genaue Beobachtung sehr genau wissen, wem hier welches Auto gehört, aber selbst jedem verbieten möchten, virtuell durch diese Straße zu fahren? Oder war es doch die Hausverwaltung? Kann es tatsächlich sein, dass die gleiche Verwaltung, die mir seit Jahren eine einwandfreie Klingel verweigert, beim kollektiven Google-Protest sofort ganz vorn dabei ist? Möglich wär's. Dann frage ich mich nur, wann den Nicht-Anwohnern auch die Durchfahrt hier verboten oder die Aussicht auf das Gebäude nur noch gegen Eintritt genehmigt wird. Das wäre immerhin eine mögliche neue Erlösquelle - von der mir eine neue Klingel bezahlt werden könnte. Unter diesen Umständen wäre ich sogar bereit, ohne Nörgelei in diesem Pixel-Klinker-Bau zu wohnen.
7. November 2010
... was machen Bienen nach Feierabend?
Freitagabend war ich im Inneren eines Bienenstocks. Der war auf der Schanze und es lebten in Wirklichkeit Menschen statt Bienen darin, aber ansonsten war es genau so, wie man es sich eben in einem Bienenstock vorstellt: Sehr eng, sehr voll, die warme Luft erfüllt von einem laut summenden Stimmengewirr, das es nur in zerfledderten Fetzen vom Gehörgang bis ins Sprachverarbeitungszentrum schaffte. Außerdem war es nahezu stockfinster, sodass man zwar ahnte, dass es sich bei den anderen sich emsig durch die Menge schiebenden Individuen um Artgenossen handelt, sie jedoch so wenig voneinander unterscheiden konnte, wie eine Biene von der anderen. Nur wenn sich jemand ein leuchtendes Handy-Display ans Ohr presste oder Blitzlichter durch die Menge zuckten (die für ganz gespenstische Fotos verantwortlich sein würden), erkannte man Mädchen, die sich vermutlich nach Schulschluss den ganzen Nachmittag aufwändig mit Glitter und Glitzer gestylt hatten sowie Jungs mit Mützen auf dem Kopf oder in ungebügelten Hemden, deren Ärmel sie besonders lässig aufgerollt hatten. Und alle führten den Schwänzeltanz auf. Wie war ich noch gleich hierhergekommen? Ich glaube, es war Nötigung. "Ach komm schon, Du hast doch morgen nichts vor!" - "Na ja, einkaufen", murmelte ich, was eine schwache Ausrede war, da wir zuvor immerhin noch Brötchen gekauft hatten, sodass ich am nächsten Tag sicher nicht würde verhungern müssen. "Los jetzt, hab' Spaß!" Ja, und den hatte ich dann ja auch, nur eben mehr so nach innen. Zum Beispiel mit dem Gedanken, dass ich in allen Handtaschen um mich herum Kompaktpuder, Lipgloss und Deo vermutete, während ich selbst Brötchen mit mir herumtrug. Wenn der Pegel stimmt, dann ist das komisch! Das Gute war nämlich, dass dieser Bienenstock über eine Bar verfügte, an der ich zwar nicht den benötigten Hektoliter Sauerstoff bekam, dafür aber ausreichend Alkohol nachgekippt wurde. Allerdings erhöhte das auch mein gefühltes Alter bereits gegen Mitternacht minütlich und führte dann zuhause dazu, dass ich das rote Blinklicht an meinen neuen Rauchmeldern für eine Google-Nacktscanner-Spionage hielt. Da hört der Spaß jetzt aber auf!
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